Elke Erb / Karen Duve / Bora Cosic – Kurzlesungen mit Gespräch

Elke Erb: Sonnenklar Meins. Das Hündle kam weiter auf drein
Moderation: Annette Pehnt

„Das Gedicht ist, was es tut“ – so ist Elke Erbs Berliner Rede zur Poesie 2018 überschrieben. Ein Credo, das jedes ihrer eigenen einlöst. Denn wer Erb liest, schaut ihr beim Verfertigen von Gedanken zu: Poesie als Erkenntnisinstrument, Mittel zu Weltanschauung und Selbstbefragung. Elke Erb dichtet, „wie man denkt bei sich“. Dabei steckt im Schreiben immer auch Sprachreflexion. Noch im Moment der Niederschrift fassen die augenblicksnahen Verse nächste Assoziationen, die als Kommentare oder Klammern neue Funken schlagen.
Für ihr Werk ist die 1938 in der Eifel geborene und in der DDR aufgewachsene Dichterin und Übersetzerin vielfach ausgezeichnet worden, unter anderem mit dem Peter-Huchel-Preis, dem Heinrich-Mann-Preis, dem Ernst-Jandl-Preis sowie dem Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung. Zu Ehren ihres 80. Geburtstags, den sie Anfang dieses Jahres feierte, hat Urs Engeler die drei roughbooks-Bände „Meins“ (2010), „Das Hündle kam weiter auf drein“ (2013) und „Sonnenklar“ (2015) zu einer Sonderausgabe gebündelt, die durch Elke Erbs beeindruckendes Schaffen führt.

Karen Duve: Fräulein Nettes kurzer Sommer
Moderation: Katharina Knüppel

Dreiundzwanzig Jahre alt, störrisch und vorlaut – Fräulein Nette ist das schwarze Schaf, das sich nicht in die Herde ihrer adligen Verwandten fügen will. Während Tanten und Cousinen am Kamin sitzen und sticken, zieht sie mit einem Berghammer bewaffnet in die Mergelgruben, um nach Mineralien zu suchen. Das Schlimmste aber: ihre scharfe Zunge. Ungefragt mischt sie sich in die Männergespräche der Künstlerfreunde ihres Onkels August ein. Wilhelm Grimm bekommt Panik, wenn er sie nur sieht. Ganz anders Heinrich Straube, genialischer Mittelpunkt der Göttinger Poetengilde, der sich sehr zur sprachgewandten Nichte seines besten Freundes hingezogen fühlt. Seine Annäherungsversuche bleiben nicht unerwidert. Aber er ist nicht der einzige Verehrer … Was folgt, ist eine Liebeskatastrophe mit familiärem Flächenbrand.
500 Seiten widmet die Schriftstellerin Karen Duve – bekannt für ihre Bücher „Regenroman“ (1999), „Taxi“ (2008) und „Anständig essen“ (2014) – der großen Dichterin der Romantik Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848). Ein biografischer Roman als Familiensaga, Sittengemälde und Porträt einer Epoche. Historisch genau und entlarvend ironisch erzählt Duve von einer jungen Frau in einer Welt, die aus den Fugen gerät.

Bora Cosic: Im Zustand stiller Auflösung
Moderation: Alida Bremer

Bora Cosic ist einer der großen europäischen Schriftsteller. In über 30 Prosa- und Essaybüchern hat er vielfältig das Sinnlose, Groteske, Absurde und Tragische der Geschichte des Balkan gezeichnet. Für sein Werk erhielt der 1932 in Zagreb geboren Autor zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2002 den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung, 2008 den Albatros-Preis der Günter-Grass-Stiftung sowie den Internationalen Stefan-Heym-Preis 2011.
Bis Anfang der 90er Jahre lebte Cosic in Belgrad, dann verließ er aus Protest gegen das Milosevic-Regime das Land und ist inzwischen in Berlin und Rovinj zuhause. Sein bekanntester Roman ist die Familienchronik „Die Rolle meiner Familie in der Weltrevolution“ (1969, dt. 1994). Zuletzt erschienen „Eine kurze Kindheit in Agram“ (2011) und das Opus magnum „Tutoren“ (2015), ausgezeichnet 2016 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse für die Übersetzung von Brigitte Döbert. Sein neuer Roman „Im Zustand stiller Auflösung“ (Schöffling, 2018) führt mit einer illustren Reisegesellschaft auf den Spuren Marcel Prousts in die Normandie. Die hochkomische Suada ist zugleich eine treffende Kritik an den Auflösungserscheinungen der europäischen Kultur.

Foto Bora Cosic: © Bogenberger / autorenfotos.com

Datum: 10.11.2018, 15-18 Uhr
Ort: Literaturhaus Freiburg, Bertoldstraße 17
Eintritt: 5 Euro (für alle drei Lesungen)