Festival-Samstag: 11–14 Uhr – 1 Ticket, 4 Lauben, 12 Kurzlesungen

Der Lesefest-Samstag führt durch die verschlungenen Pfade der Kleingartenanlage in der Wonnhalde, zu Wiederentdeckungen und Neubegegnungen. Das Publikum wandert – und hat stündlich die Wahl. Am Wegesrand laden weitere Lauben zu Picknick und Getränken, zum Drucken und Stempeln und natürlich an den reich gedeckten Büchertisch des Festivals ein. Wir danken allen Gärtner*innen, die ihre Lauben für Debüts und Gäste öffnen!

Lauben-Moderationen: Chris Möller, Matthias Nawrat (beide Berlin), Jule Steinmetz (Stuttgart), Tilman Strasser (Köln), Jürgen Reuß, Mirja Riggert (beide Freiburg)

Einlass und Information: Gartenwirtschaft, Wonnhaldestraße 2 – Eingang zu den Schrebergärten in der Wonnhalde

Laube 1 (Regenvariante: Literaturhaus Freiburg)

11 Uhr
Hengameh Yaghoobifarah: Ministerium der Träume – Blumenbar, 2021

Nasrin ist ein Bündel aus Wut. Eine trauernde Schwester, eine hadernde Tochter, eine ratlose Tante. Zwischen ihrem Kneipenalltag als queere Türsteherin, Albträumen und Alltagsrassismus sucht sie nach der Wahrheit über den Tod ihrer Schwester Nushin, taucht ein in Erinnerungen an die Kindheit in Teheran und Lübeck. Ein Debüt voll Sprachwitz, Slang und Songs, über Wahl- und Zwangsfamilie und die dunklen Ecken deutscher Gegenwart.

12 Uhr
Olga Grjasnowa: Der Russe ist einer, der Birken liebt – Hanser, 2012

Hochintelligent, kosmopolitisch, ohne Heimat, ohne Halt. Mascha, die als Kind aus Baku nach Frankfurt geflohen ist, verwandelt die frühe Erfahrung der Sprachlosigkeit in eine Karriere als UN-Dolmetscherin. Der Tod ihres Freundes führt sie nach Tel Aviv, auf die Suche nach ihren jüdischen Wurzeln und hinein in den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. „Zeitgeschichtlich wacher und eigensinniger als dieser Roman war lange kein deutsches Debüt.“ (Die Zeit)

13 Uhr
Yade Yasemin Önder: Wir wissen, wir könnten, und fallen synchron – Kiepenheuer & Witsch, 2022

Ein großartiges, anarchisches Sprachereignis: Önder inszeniert das Drama der Adoleszenz als wilde Textcollage. Mit dem Vater als schwergewichtigem Wiedergänger, mit Sommern in Istanbul, die nach Anis und heißen Elektrogeräten duften, mit Dingen und Menschen, die auf Nimmerwiedersehen aus dem Fenster fliegen. Die Geschichte einer jungen Frau, die sich aus einer beschädigten Familienaufstellung hineinkämpft in eine düster-funkelnde BRD.

Laube 2 (Regenvariante: Buchhandlung Schwarz)

11 Uhr
Anna Yeliz Schentke: Kangal – S. Fischer, 2022

Dilek haut ab. Von Istanbul nach Frankfurt. Aus Angst, dass ihr Name längst auf einer Liste ist, ihre Verhaftung unmittelbar bevorsteht. Als „Kangal“ kämpft sie online gegen staatliche Repression. Ihren Partner Tekin lässt sie unwissend zurück und sucht Schutz bei ihrer Cousine Ayla. Doch das Netz der Denunziation und Verfolgung reicht bis nach Deutschland … Ein atemloses Debüt über Unterdrückung und die Suche nach einer gemeinsamen Sprache, nach Sicherheit, Zugehörigkeit.

12 Uhr
Eva Raisig: Seltene Erde – Matthes & Seitz, 2022

Seit 1977 fliegt die Voyager I durchs All. An Bord: Bilder, Musik, ein Kuss, Grüße in 55 Sprachen – life on earth in a nutshell. So lückenreich wie dieses selektive Menschheitsgedächtnis ist das Leben von Lenka und Therese. Während die eine nach Signalen aus dem All sucht, erforscht die andere Leerstellen in der eigenen Familiengeschichte. Klar und schnörkellos erzählt Raisig vom Fremdsein im Kleinen und Großen, von radikaler Hoffnung, unaussprechlicher Sehnsucht und der Kraft der Erinnerung.

13 Uhr
Jonas Lüscher: Frühling der Barbaren – C. H . Beck, 2013

Die enthemmte Finanzpolitik Englands trifft auf die vermeintliche Neutralität der Schweiz trifft auf den sogenannten arabischen Frühling: In diesem Debüt-Bestseller feiern reiche Engländer in einem tunesischen Oasenressort üppig und ausschweifend eine Hochzeit, als mit dem globalen Finanzmarkt nicht nur das britische Pfund zusammenbricht … „Ein Lehrstück über den allzu zarten Firnis der Zivilisation.“ (Süddeutsche Zeitung)

Laube 3 (Regenvariante: Kunstverein Freiburg)

11 Uhr
María Cecilia Barbetta: Änderungsschneiderei Los Milagros – S. Fischer, 2008

Halsweite: 33. Oberweite: 84. Hüftweite: 90. Armlänge: 62. Die Welt der tagträumenden Schneiderin Mariana Nalo im Buenos Aires der frühen 1980er Jahre besteht aus Maßen, Stecknadeln und Stoffen. Als sie das Hochzeitskleid der schönen Analía Morán zu ändern beginnt, verschmelzen unter ihren Händen Traum und Realität, Bizarres und Banales, Zeichen und Bilder zu einem fantasiereichen Erzählstoff voll doppelter Böden, Wortneuschöpfungen, Satzmelodien.

12 Uhr
Lin Hierse: Wovon wir träumen – Piper, 2022

Wo fängt eine Reise an und hört sie jemals auf? Zur Beerdigung der chinesischen Großmutter, der A’bu, reist die ganze Familie nach Shanghai – die Ich-Erzählerin und ihre Mutter aus Deutschland. Dahin war die Mutter als junge Frau ausgewandert. Ihre Erinnerungen an das Leben in China verschwimmen wie Träume, die ihre Tochter festzuhalten versucht. In intensiven Bildern erzählt Hierse von deutsch-chinesischer Geschichte, den Geistern der Migration, von Identität, Nähe und Abgrenzung.

13 Uhr
Michelle Steinbeck: Mein Vater war ein Mann an Land und im Wasser ein Walfisch – Lenos, 2016

Pelzige Krokodile kriechen aus dem Schoß hexenhafter Frauen. Fischkuchen ist ein Grundnahrungsmittel. Hunde können sprechen und irgendwo am Horizont des Meeres liegt die Insel der geflohenen Väter – Loribeths Welt ist magisch und skurril. Mit einem erschlagenen Kind im Koffer muss sie ihren verschollenen Vater finden. Eine fantastische Reise beginnt, erzählt als virtuose Geschichte von der Angst, erwachsen zu werden.

Laube 4 (Regenvariante: DELPHI_space/gvbk)

11 Uhr
Leif Randt: Leuchtspielhaus – Berliner Taschenbuchverlag, 2010

Im Londoner East End der Nullerjahre dreht sich im Salon von Eric und Helen zwischen „relevanten Frisuren“, regenbogenfarbenen Blousons und goldenen Socken, Drehbuch- und Modeentwürfen alles um die Guerillakunst der geheimnisvollen Bea, die die Wände der Nachbarschaft mit Slogans, leuchtenden Sonnen, Pandas und Astronauten überzieht – aber spurlos verschwunden scheint. Ein schillerndes Spiel zwischen Kino und Literatur. Gestochen scharf und betörend schön.

12 Uhr
Sven Pfizenmaier: Draußen feiern die Leute – Kein & Aber, 2022

Timo sieht aus wie eine Pflanze: „rankenartige Arme und Beine, blass grünliche Haut“. Valerie schläft, bis ihre Träume auserzählt sind – manchmal tagelang. Taucht Richard auf, erstarren alle vor Langeweile. Drei Außenseiter suchen in einem namenlosen Dorf nach der verschwundenen Flora. „Entlang der Grenzen von Coming-of-Age-Literatur, Kriminalroman und hinreißender Psychedelik“ (Die Zeit) erzählt dieses formschöne Debüt von der Sehnsucht nach einem besseren Ort.

13 Uhr
Matthias Nawrat: Wir zwei allein – Nagel & Kimche, 2012

Eines der schönsten Freiburg-Debüts, ausgezeichnet mit dem Silberschweinpreis der Lit.Cologne. Seit dem Abbruch seines Studiums jobbt der Außenseiter Benz als Gemüsefahrer und ist damit zufrieden. Bis ihm Theres begegnet. Da schmiedet Benz ausgefallene Pläne und unternimmt in Gedanken waghalsige Expeditionen, um sie zu gewinnen. Doch nach einer einzigen gemeinsamen Nacht ist Theres plötzlich verschwunden … Eine brillant geschriebene Liebesgeschichte voller Eigensinn.

Grafik: © Andreas Töpfer

Das Projekt wird gefördert im Rahmen von „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch den Deutschen Literaturfonds e. V. sowie weiteren Förderern und Partnern.

Datum: 02.07.2022, 11–14 Uhr
Ort: Schrebergärten in der Wonnhalde (Treffpunkt: Gartenwirtschaft, Wonnhaldestraße 2)
Eintritt: 15/8 Euro